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🐾Kapitel 3 - die Fahrt

Tage vergingen, Wochen. Immer wieder hatte ich Angst, dass ich mir alles doch nur eingebildet hätte…

Andrerseits, Vesna hat jetzt oft Fotos von mir gemacht. Der Arzt war auch immer wieder da. Er hat mir Spitzen und Tabletten gegeben und Stempel in ein Heft gemacht. Vesna hat mich plötzlich nicht mehr Mülltonne genannt, sondern Luca? Lucalucaluca…oooh, das klang gut. War das jetzt mein Name? Ich wollte gern ein Luca sein. Ich wollte transportiert werden, denn davon war nun oft die Rede. Davon, wie schwer es war, gebucht zu werden, weil es einfach nicht genug Plätze gab???

Natürlich hab ich all das nicht wirklich verstanden, aber ich hab die Körpersprache von Vesna gelesen. Die war fast genau so aufgeregt wie ich, hat sich wahnsinnig gefreut für mich. Folglich mussten diese Dinge Gutes bedeuten. Würde mein Traum tatsächlich in Erfüllung gehen?

Dann ging das Warten weiter. Und die Zweifel kamen zurück…

Irgendwann, in dem Moment hab ich überhaupt nicht damit gerechnet, hat mich Vesna wieder in einen Käfig gesperrt. Den Käfig hat sie mal wieder zu einem Auto getragen, in dem saß ein fremder Mann.

Sie hat dem Mann mein Heft mit den Stempeln gegeben, dann hat sie den Käfig mit mir ins Auto gestellt und mir alles Glück der Erde gewünscht. Da haben wir beide ein bisschen geweint.

Dann ist sie schnell weggegangen, und ich hab mich umgesehen, so gut das eben ging. Im Auto waren schon andere Käfige. In jedem saß ein fremder Kollege, und alle waren genau so aufgeregt wie ich.

Wir haben ein bisschen gebellt und gewinselt und uns miteinander bekannt gemacht. Manche kamen aus einem Shelter, wo es lang nicht so schön war wie in meinem. Die waren besonders froh, dort weggekommen zu sein. Noch viel froher als ich, denn, ehrlich gesagt, Vesna hab ich schon jetzt schrecklich vermisst. Meine Kumpels natürlich auch. Sogar die Katzen-Dinger.

Dann sind wir losgefahren.

Wir, die Auserwählten, wir durften in die Fremde ziehen. Dorthin wo alles viel besser und viel schöner war. Wo wir für immer und immer und immer glücklich sein würden. Das haben wir uns gegenseitig ganz fest versichert und keiner hat zugegeben, dass er schon auch Angst hatte. Immerhin wusste keiner von uns wirklich, was nun genau passieren würde.


Wir fuhren und fuhren und fuhren. Es wurde dunkel und wieder hell und wieder dunkel und wieder hell. Im Dunklen stand das Auto nur rum, und der fremde Mann ließ uns allein zurück. Das mochte ich gar nicht. Ich wollte doch weiter. In mein Zuhause!

Zwischendurch wurden die Kollegen nach und nach von fremden Menschen abgeholt. Das mussten IHRE MENSCHEN sein. Die Glücklichen! Wir übrigen waren langsam verzweifelt, alles tat uns weh. Wir konnten uns in unseren Käfigen ja kaum bewegen, hatten Hunger, Durst und waren schon froh, wenn wir einmal am Tag kurz zum Pinkeln raus durften.

Ach, wär ich bloß im Shelter geblieben. Langsam war es mir egal, ob wir standen oder fuhren. Das hier war fast so schlimm wie damals die Mülltonne. Hilflos, ausgeliefert, eingesperrt, trostlos.

Dann wurde mein letzter Freund aus dem Auto geholt. Ich blieb ganz allein zurück. Allein in dem Käfig und wieder wurde es Nacht.

Ich ahnte, was nun kommen würde. Wir würden gleich wieder ewig rumstehen, ich würde frieren und weinen, und keinen würde es interessieren.

Doch da hat mich der Mann aus dem Käfig geholt, hochgehoben, und schon war ich im Arm von einer Frau. Die hat mich geküsst und ganz fest an sich gedrückt, und da hab ich es gewusst: das endlich war MEIN MENSCH. MEIN MAMAMENSCH! Hier irgendwo musste MEIN ZUHAUSE sein.

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